Chor der Konzertgesellschaft und Instrumentalverein führen Verdis „Messa da Requiem“ auf
Von Günter Schultz | Westdeutsche Zeitung vom 12. März 2024
Beeindruckende Hochleistung von zwei Amateurensembles
Die „Messa da Requiem“ von Giuseppe Verdi ist eine Totenmesse in lateinischer Sprache, weitgehend identisch mit dem Ordinarium der katholischen Liturgie. Nur eine Besonderheit hat dieses fast 90 Minuten lange Werk: Es ist nicht für die katholische Messe, sondern ausschließlich für das Konzertpodium komponiert worden.
Allein die Besetzung der Aufführung in der Historischen Stadthalle hätte den liturgischen Rahmen gesprengt. Etwa 100 Sängerinnen und Sänger standen auf der Bühne, Mitglieder des Chores der Konzertgemeinschaft Wuppertal, eine Singgemeinschaft mit gut 200-jähriger Geschichte. Heute wird sie von Georg Leisse geleitet, der seit 2016 den Chorklang stimmbildnerisch und künstlerisch geformt, die Gemeinschaft zu einem großartigen Konzertchor gemacht hat.
Dem Chor, der ausschließlich aus sangesfreudigen Amateuren besteht, stand an diesem Sonntagabend der Instrumentalverein Wuppertal zur Seite, ebenfalls ein Amateurorchester, das seit 2006 von Christof Hilger geleitet wird. Was diese großen Liebhaber-Ensemble gestalterisch und emotional zeigten, verdient absolute Hochachtung.
Das eineinhalbstüdige Sakralwerk, das aus Anlass des Todes von Alessandro Manzoni, einem von Verdi hoch geschätzten Dichter, komponiert und 1874 von Verdi persönlich in Mailand uraufgeführt wurde, stellt für jedes Orchester eine Herausforderung dar. Christof Hilger hielt mit seinem umsichtigen Dirigat nicht nur die bombastische Schar von über 160 Musikern unter Kontrolle, sondern formte die zarten, die lyrischen und die expressiven Momente zu einem lebendigen Klanggemälde, ja zu einer sinfonischen Dichtung, die nichts mit Gottesdienst, aber viel mit Opern-Flair zu tun hat.
Gleich zu Beginn im „Introitus“ führte sich der Chor mit einem berührenden, weichen Gesamtklang ein, aus sanft leuchtenden Frauenstimmen und verhalten stimmigem Männergesang. Dann kamen die Pauken, der zupackende Orchester- und Chorklang und „last, but not least“ die Solisten des Abends: Marina Unruh (Sopran), Bettina Ranch (Mezzosopran), Thomas Heyer (Tenor) und Sebastian Campione (Bass).
Sie alle beschworen im ersten Teil des Requiems den Tag des Zorns („Dies irae“), den Eindruck des Todes („Mors stupebit“), den Hilferuf nach Rettung („Salva me“), das Beklagen von Schuldgefühlen („Ingemisco“) und die vergossenen Tränen („Lacrimosa“).
Die beiden Frauenstimmen passten gut zueinander, ihr Gesang hatte Kraft, Klarheit und Geschmeidigkeit, konnte sich an sanfte Chorpassagen anpassen und gegen kraftvollen Chorklang gut behaupten. Das gleiche gilt für die beiden Männerstimmen: Beeindruckend die schlanke Tenorstimme, vor allem in hohen Lagen, und die sauber geführte Stimme des Basses in den tiefen Lagen. Kompliment an die Sopranistin Marina Unruh, die kurzfristig für die erkrankte Ivana Rusko einsprang und sich wunderbar einfügte.
Der zweite Teil der Messe – Hilger hatte nach Introitus und Sequenz eine kleine Pause eingelegt – zeigte auf vielschichtige Weise die romantische Expressivität Verdis. Mal waren es die vier Solisten, die im „Offertorium“ einen beeindruckend-harmonischen Gesang zelebrierten, mal war es der Chor, der demütig sanft und einstimmig eine choralähnliche Melodie sang. In „Lux aeterna“ glaubte man, opernhafte Musik zu hören, so viele lebendige Phrasierungen und lange Kunstpausen wurden eingefügt.
Schließlich tauchte das „Dies irae“-Thema vom Anfang wieder auf und bescherte ein eindrucksvolles, Zuversicht ausstrahlendes Finale, das aber letztendlich in stiller Andacht ausklang. Hilger fügte noch eine lang ausgedehnte Schweigepause hinzu, die im Saal zu atemloser Stille führte. Ein großartiger, frommer Moment.
Der Schlussapplaus war laut und lang anhaltend.