Himmlische Chormusik auf Wuppertaler Erden
Von Michael Kristahn | Westdeutsche Zeitung vom 6. Mai 2025
Wuppertal – Der Chor der Konzertgesellschaft überzeugte mit dem Sinfonieorchester in der Stadthalle. Mit 100 Sängern ist der Chor der größte in Wuppertal.

Beim 3. Chorkonzert taten sich Sinfonieorchester und Chor der Konzertgesellschaft zusammen. Foto: Andreas Fischer
Am Sonntag konzertierte der Chor der Konzertgesellschaft wieder zusammen mit dem Sinfonieorchester, das wohlpräpariert war, diesmal unter der dynamischen Leitung von Nil Venditti. Das Solistenquartett hätte man nicht besser auswählen können. Ina Yoshikawa, Sopran; Sophia Maeno, Mezzosopran; André Khamasmie, Tenor; Simon Stricker, Bariton. Die Choreinstudierung besorgte Georg Leisse, der auch seit 2016 die Chorleitung innehat.
Das über 200 Jahre bestehende Ensemble ist mit seinen 100 Sängerinnen und Sängern der größte Chor Wuppertals. Viele Werke wurden bereits zu Lebzeiten der Komponisten aufgeführt, auch Beethovens 9. Sinfonie „An die Freude“. Außerdem bereichern Kooperationen, Einladungen und Konzertreisen das Chorleben. Mendelssohns „Elias“ wurde sogar in Israel aufgeführt. Der traditionsreiche Chor wirkte gut vorbereitet, der Text hätte deutlicher deklamiert sein können. Die renommierte Dirigentin Nil Venditti ließ ihn über alle seine Schatten springen und alles, was sie wollte, konnte man bei ihr auch ablesen. Als strategisch richtig erwies sich ihr flottes Tempo bei der Krönungsmesse. So wurde zuletzt ein Stretta-Effekt erzielt, der zu einem krönenden Abschluss führte.
Flottes Tempo bei der Krönungsmesse
Das Konzert begann mit zwei Kompositionen von Robert Schumann (1810-1856). Zuerst die Ouvertüre, Scherzo und Finale op. 52 für Orchester, das der 31-jährige Robert Schumann in den folgenden fünf Jahren mehrfach überarbeitete. Es zeigt ihn als verspielten, experimentierenden Sturm-und-Drang-Komponisten. Ganz anders erlebte man die im Programm folgende Messe c-Moll op.147 des damals 42-Jährigen, der hier aus dem Vollen schöpft. Die Musik ist eine souveräne Darstellung der fünf feststehenden Texte des katholischen Messgottesdienstes. Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus/Benedictus und Agnus Dei traten lebendig ins Bewusstsein des Hörers: Prachtvoll das Gloria, herzergreifend das zarte „Bete für uns“ im Offertorium, sphärisch das dreifache Sanctus, der wie erlöst wirkende ungerade Tanz im Dreivierteltakt beim Hosianna, zärtlich und demutsvoll das Agnus Dei.
Wolfgang Amadeus Mozarts (1756-1791) für den Ostergottesdienst 1779 entstandene „Krönungsmesse“ KV 317 schrieb Musikgeschichte und wurde nach seinem Tod zur bevorzugten Komposition bei Kaiser- und Königskrönungen. Charakteristisch sind die sinfonischen Elemente: Solostimmen und Chor werden deutlich voneinander getrennt, und eine besondere Bedeutung fällt der Oboe zu. Die Besetzung besteht wie auch bei Schumann aus Streichern, Holz- und Blechbläsern, Pauken, Basso continuo und vier Solisten. Der Ausgang der Musik Mozarts ist immer ungewiss, atemberaubend und alles „Dazwischen“ ist Ton für Ton unglaublich gehaltvoll. Wo man bei seinen Zeitgenossen manches Mal genervt sein mag von den vielen Kadenzen, Sequenzen und Wiederholungen, muss man dies bei Mozart regelrecht suchen: Jeder Ton und jeder Akkord hat Gehalt und die Musik lebt aus sich heraus. Mozart geht ohne irgendeinen Umweg zu seiner Aussage.
Dieser Konzertabend war einfach atemberaubend.
