Mitreißende Rhythmen, große Strahlkraft

Von Lilo Ingenlath-Gegic | Westdeutsche Zeitung vom 5. September 2025

WZ vom 05.09.2025 © W. Seidel

Der Chor der Konzertgesellschaft bereitet sein großes Festkonzert in der Historischen Stadthalle vor. Foto: W. Seidel

Das Werk hat große Strahlkraft. Mitreißende Rhythmen, leidenschaftliche Melodik und überbordende Freude wechseln mit Sanftmut und Ironie. Am 14. September wird der Chor der Konzertgesellschaft mit dem Konzertchor der Mädchenkurrende, dem Sinfonieorchester Wuppertal (SOW) und drei bekannten Solisten die Carmina Burana in der Historischen Stadthalle aufführen.

Auf Texte einer mittelalterlichen Handschrift, die im Kloster Benediktbeuern gefunden wurde, komponierte Carl Orff eine Folge von 24 Liedern. Vor 80 Jahren schuf er damit eines der bis heute populärsten Werke des 20. Jahrhunderts. Die Texte in lateinischer, französischer und mittelhochdeutscher Sprache handeln „Im Frühling“, „In der Schenke“ und im „Liebeshof“. „Die Carmina Burana standen schon lange auf der Wunschliste des Chors“, sagt Chorleiter Georg. Leisse. Veranstalter des Festkonzerts, mit dem der Chor der Konzertgesellschaft der Historischen Stadthalle zum 125-jährigen Jubiläum gratuliert, wird der Chor nun das bei Sängern und Publikum beliebte Werk aufführen. Das Konzert soll auch daran erinnern, dass die Stadthalle Elberfeld im Juli 1900 mit einem großen Musikfest eingeweiht wurde.

Für den Chor gab es keine Sommerpause. Während der Ferien wurde im Probenraum des SOW an der Burgunderstraße gesungen, jetzt finden
die Proben wie gewohnt in der Mensa der Else Lasker-Schüler Gesamtschule statt. Dort konnte die WZ eine Probe besuchen.

Etwa 130 Sänger, ein 74-köpfiges Orchester und drei Solisten

Einige Sänger versetzen vor jeder Probe schwere Tische und stellen 100 Stühle auf. Die Choristen lieben Carmina Burana. Viele haben das Werk schon einige Male gesungen. „1999 unter George Hanson, 2005 und 2013 unter der Leitung von Toshiyuki Kamioka“, erinnert sich Ulrike Schöddert, die seit mehr als 25 Jahren im Chor singt. „Einmal haben wir es unter der Müngstener Brücke im Nebel gesungen, erinnern sich andere Sängerinnen. „Die Musik kann ich auswendig, aber der Text ist immer wieder kompliziert“, sagt Chorsänger Wolf-Dietrich Pflugbeil. Schon beim Einsingen hört man, wo es hingeht: Der Chorleiter legt den Schwerpunkt auf Rhythmik, Betonung, kurze, abgehackte Töne, viel Stakkato. „Es geht nicht so sehr um die Noten, die sind gar nicht so schwierig“, erklärt Georg Leisse.

Das Wichtige ist der Text. Aus ihm machte Carl Orff mit seinen musikalischen Mitteln das Besondere. Mit „O Fortuna“ – der Anrufung der Glücksgöttin – beginnt und endet Orffs Komposition. „Der Beginn ist schon die erste Hürde, denn es ist für einen Laienchor nicht leicht, nach dem Orchestersatz den richtigen Ton zu finden. Auch die vielen Übergänge sind nicht einfach zu bewältigen“, sagt Leisse, der Chor, Sinfonieorchester und Solisten leiten wird.

In atemberaubendem Tempo wird das Lied „Floret silva nobilis“ geprobt. Der Text wechselt von Latein in Mittelhochdeutsch. Auf jede Betonung, jede Silbe, jeden Vokal kommt es an. Auch klangvolles Summen wird geübt. Die Choristen singen kraftvoll, enthusiastisch, temporeich. Leisse begleitet am Klavier, lobt, motiviert und arbeitet immer wieder am rasanten Tempo, das gehalten werden muss. Im Verlauf der Probe klingt es schon sehr fein. Eine Probe und ein Probenwochenende hat der Chor noch vor sich. Mit dem Sinfonieorchester hat Georg Leisse drei Alleinproben. Darüber ist er sehr froh, denn er leitet zum ersten Mal ein so großes Orchester. „Es ist toll für mich, das hoch qualifizierte Sinfonieorchester leiten zu dürfen, und der Chor ist in der Rolle des Veranstalters bei diesem Konzert ganz anders involviert als sonst“, sagt der Leiter.

Nach Haupt- und Generalprobe wird er am 14. September etwa 130 Sänger und Sängerinnen sowie ein 74-köpfiges Orchester dirigieren. Dazu kommen drei großartige Solisten, die man in Wuppertal gut kennt: Dorothea Brandt (Sopran), Ulrich Cordes (Tenor) und Bariton Kay Stiefermann, der schon 2013 bei Carmina Burana mit auf der Bühne stand.

Die Lieder erzählen vom Klerus, der „im Schlaraffenland“ lebt, ein Saufgelage, die Sexualität der Dorfjugend und spannende Schicksalsbewegungen werden besungen. Am Schluss steht wieder das Glück: „O Fortuna“.


In Kürze:

Das Festkonzert zum 125. Jubiläum der Historischen Stadthalle findet am Sonntag, 14. September, um 18 Uhr im Großen Saal des Gebäudes auf dem Johannisberg statt.
Programm: Carl Reinecke, Triumphmarsch Op. 110 / Aaron Copland, Appalachian Spring für Orchester / Carl Orff: Carmina Burana.
Mitwirkende: Chor der Konzertgesellschaft Wuppertal, Konzertchor der Mädchenkurrende, Sinfonieorchester Wuppertal.
Solisten: Dorothea Brandt (Sopran), Ulrich Cordes (Tenor), Kay Stiefermann (Bariton).
Die Leitung hat Georg Leisse.
Weitere Infos: chorkg.de
Tickets: wuppertal-live

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