Zum Jubiläum „Carmina Burana“

Von Michael Kristahn | Westdeutsche Zeitung vom 16. September 2025

Konzert des Chores der Konzertgesellschaft in der Historischen Stadthalle

"Carmina Burana" in der Historischen Stadthalle Wuppertal © Florian Schmidt

Sinfonieorchester, Chor der Konzertgesellschaft und Elberfelder Mädchenkurrende gemeinsam auf der Bühne. Foto: Florian Schmidt

Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Historischen Stadthalle richtete der Chor der Konzertgesellschaft am Sonntag ein Festkonzert aus. Die weiteren Mitwirkenden waren der Konzertchor der Elberfelder Mädchenkurrende (Einstudierung: Angelika Küpper), das Sinfonieorchester Wuppertal, Dorothea Brandt – Sopran, Ulrich Cordes – Tenor und Kay Stiefermann – Bariton. Die Gesamtleitung hatte Georg Leisse.

Zuerst erklang der Triumphmarsch op. 110 von Carl Reinecke (1824-1910). Das Stück bot dem Orchester die Gelegenheit, seine gesamte Klangpracht zu entfalten. Die Nähe zu seinen berühmten Zeitgenossen Schumann, Liszt und Chopin liegt auf der Hand. Nach der Begrüßung durch Wolfgang Seidel, Vorsitzender des Chores der Konzertgesellschaft, und der Ansprache von Lutz-Werner Hesse, der dem Vorstand der Konzertgesellschaft angehört und Komponist sowie Musikwissenschaftler ist, stand die 1945 uraufgeführte Orchestersuite „Appalachian Spring“ (Appalachische Quelle) von Aaron Copland (1900-1990) auf dem Programm. Sphärische Klänge und lebendige Abschnitte wechselten sich ab, ähnlich der Musik Honeggers, aber mit längerem Atem. Das Stück blieb bis zuletzt geheimnisvoll und naiv. Das Glockenspiel am Ende war wie eine Frage ins Unendliche: War es das?

Nach der Pause folgte die Aufführung der „Carmina Burana“ von Carl Orff (1895-1982), einer Auswahl von 24 Liedern aus einer mittelalterlichen Sammlung mit 254 mittelhochdeutschen, altfranzösischen und provenzalischen Spottgesängen, Liebes-, Trink- und Spielerliedern. Zusammen mit Beethovens Neunter und Bachs Weihnachtsoratorium gehört das Stück zu den drei am häufigsten aufgeführten Chorwerken in Deutschland.

Die „Carmina Burana“ sind dem Chor nicht fremd: Es gab bereits 1942, fünf Jahre nach der Uraufführung eine erste Wiedergabe und wurde bis 2013 dreizehnmal wiederholt. Das Werk zeichnet sich durch eine überwältigende Üppigkeit an streng geregelten Formen aus. Der zweisilbige Reim entfaltet sich mit solcher Reinheit, Sicherheit und Findigkeit und geht nicht selten bis zur Raffinesse. Die Zuhörer erlebten eine überaus stimmige und gelungene Darbietung und der begeisterte Applaus ließ am Ende nicht auf sich warten.

Das Sinfonieorchester spielte engagiert und tadellos. Besonders seien hier der Tanz und der Reigen erwähnt. Georg Leisse überzeugte mit einer soliden Führung. „Amor volat undique“ gelang der Mädchenkurrende mühelos und gerne hätte man mehr von den klaren Stimmen gehört.

Solide Führung und hervorragender Gesamteindruck

Dorothea Brand hatte einen großen Auftritt. Ergreifender kann man sich „Stetit puella“ und „Dulcissime“ kaum vorstellen. Der choreografische Auf- und Abtritt von Ulrich Cordes (Schwan) und sein klägliches Krächzen waren eine gelungene Darbietung. Stabil, lebendig und mit einem schönen satten Timbre trug Kay Stiefermannn (Bariton) das Seine zum Gelingen bei. Unter anderen verdienen folgende Highlights des Chores eine Erwähnung: Die Damen mit „O wê, wer soll mich minnen?“ und die Herren mit „In taberna“. Die kleinen Unstimmigkeiten beim Zusammenspiel von Orchester/Chor und bei der Intonation, zum Beispiel beim gerne unterschätzten „Veris leta facies“, konnten den hervorragenden Gesamteindruck nicht schmälern.

WZ